Kassels großes Geheimnis verbirgt sich hinter weiß lackiertem Blech. Eine ganz ordinäre Schallschutzkabine. Groß genug für die 15 Meter lange S 1800 von Weingarten, aber damit eben auch nicht riesig. Und das soll nun eine der außergewöhnlichsten Pressen im Volkswagen-Werk sein? „Auf die inneren Werte kommt es an“, sagt Ingenieur Günther Thorey von Presstec und lächelt wissend. „Auf dieser Anlage entstehen wichtige und vor allem hochkomplexe Komponenten für Volkswagens Kupplungen. Jedes Werkzeug ist ein Schieberwerkzeug. Es geht um Hundertstel Millimeter und das bei einer Presse mit 13 Stufen.“ Ist das Stolz, der da in der Stimme von Günther Thorey mitklingt? „Kann schon sein“, sagt der erfahrene Ingenieur. „Für mich war dieses große Retrofit-Projekt auch ein Heimspiel. Ich komme ursprünglich aus Kassel und ich habe mich sehr gefreut, so eine tolle Maschine für meine alte Heimat aufs nächste Level bringen zu dürfen.“
Jetzt aber erst mal der Reihe nach. Die S 1800 verfügt über 1800 Tonnen Presskraft, zwei Stößel und zwei Werkzeugtische je Stößel. Wie die Fagor STP 2400 gleich daneben produziert die Weingarten die etwa handtellergroßen Blechteile von Doppelkupplungen. Und auf diese Teile ist der gesamte VW-Konzern angewiesen, denn Kassel ist das Leitwerk für den Getriebebau.
Nun muss man wissen, das Doppelkupplungen an modernen Motoren enormen Kräften standhalten müssen. 4000 oder auch 6000 Umdrehungen in der Minute – bei diesen Drehzahlen würden schon kleinste Abweichungen im Rund- oder Planlauf spürbare Vibrationen für den Fahrer bedeuten. Also zieht man in Kassel alle Register. Ohne Werkzeugschmierung beispielsweise ginge gar nichts. Zudem agieren die Werkzeuge in einem sehr eng definierten Temperaturbereich und werden laufend gekühlt, um während des Umformprozesses exakt in Form zu bleiben. VW achtet darauf, die Teile einer sorgfältigen Qualitätskontrolle zu unterziehen – und trotz all dieser Komplikationen: Bis zu 20 Teile in der Minute – und das mehrere Stunden täglich – muss die Maschine bringen. Ansonsten könnte es irgendwo im Konzern im ungünstigsten Fall zu Produktionsausfällen kommen.
Gute Voraussetzungen, um die Maschine für ein paar Monate stillzulegen? Nicht wirklich. Natürlich hat Volkswagen im Vorfeld der umfangreichen Erneuerungsarbeiten Teile auf Vorrat produziert. Aber auch so kann man nur eine gewisse Zeit überbrücken.Entsprechend erleichtert ist auch der zuständige Projektleiter bei Volkswagen, dass nicht nur der vereinbarte Kostenrahmen, sondern eben auch der ambitionierte Zeitplan von den Presstec-Spezialisten unter Führung von Günther Thorey eingehalten wurden: Man sei „sehr zufrieden mit der Arbeit von Presstec“.
Das Ergebnis entspreche voll den Erwartungen und es sei klasse, dass die Verfügbarkeit der Maschine deutlich gesteigert wurde. BÜ 70 wurde wie geplant noch vor Weihnachten erreicht, BÜ 96 dann wie gefordert in KW 6. Die Verfügbarkeit der Anlage war früher ein Problem der S 1800. Die alten Werkzeugtische waren mit 24-Volt-Batterien für den Fahrbetrieb ausgestattet. Im Prinzip eine schöne Sache – nur blieben die Werkzeugtische hin und wieder mit leeren Batterien vor ihren Dockingstationen stehen.
Presstec hat die jeweils 10 Tonnen schweren Werkzeugwechseltische nach Kehl gebracht, demontiert, mit einem hydraulischen Antrieb ausgestattet, die Drehstromversorgung über Schleppketten sichergestellt und vor Ort zum Laufen gebracht. Damit die S 1800 und ihre Nachbarpresse künftig über einen kompatiblen Werkzeugbestand verfügen, wurden das Docking an Stößel und Tisch verändert, neue Multikupplungen verbaut und die Medienversorgung optimiert. Das bringt mehr Flexibilität für die Fertigung, da jetzt die gleichen Werkzeuge auf beiden Maschinen eingesetzt werden können. Thorey: „Diverse mechanische Arbeiten, die üblichen Retrofit-Aufgaben aber auch Werkzeugkühlkreis, Werkzeugschmierung, Luft und gesteuerte Luft – wir haben uns um alles gekümmert.“ Das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Die S 1800 ist auch mit einer neuen Kohler-Bandanlage ausgestattet worden. Das neue Transfersystem stammt von GPA und entspricht ebenfalls dem Stand der Technik. Bisher waren diese Aufgaben mechanisch erledigt worden. Thorey: „Die neuen Anlagen verfügen jeweils auch über autarke Systeme für Hydraulik und Steuerung.“
Presstec und Presscontrol verhalfen der Presse derweil vor Ort in Kassel zu einer neuen Elektrik. Jedes Kabel, jeder Sensor, PC und Steuerpult wurden umgerüstet. Das Kommando hat seither ein Siemens S7-System, aber so etwas ist für die Presstec-Spezialisten ja Standard. Mehr am Herzen liegt Günther Thorey die grundlegende Performance der Anlage: „Wir sind schon ein bisschen stolz, dass wir die Werkzeugkühlung und die Werkzeugschmierung so deutlich verbessern konnten. Das ist einfach wichtig, um die Maßhaltigkeit bis aufs Hundertstel zu gewährleisten.“ Bei allem Vertrauen in die neue Technik: Kontrolle tut not. Daher haben Volkswagen und Presstec in der Kabine ein Kamerasystem installiert, dass den Produktionsprozess überwacht und aufzeichnet.
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